Bits & Pieces
Edition #250 | 10.10.2025
Meistgehandelt | Märkte und Makro | Podcast | Christian W. Röhl | Chip-Tester | Faktor-ETFs | Chart der Woche
Ob der Haussegen bei OpenAI und NVIDIA wohl schiefhängt, jetzt wo die Partnerschaft zwischen AMD und dem ChatGPT-Entwickler publik wurde? Verizon bekommt einen neuen CEO von PayPal. Unter seiner Führung will Verizon nun auch das All erobern. Derweil bekommt die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt wohl zum ersten Mal eine Frau als Premierministerin. Und warum man öfter das Kleingedruckte lesen sollte, verrät der TikTok-Deal.
Hinweis: Die Angaben beziehen sich auf das Verhältnis von Käufen und Verkäufen der 100 meistgehandelten Aktien im ºÚ°µ±¬ÁϹٷ½ Broker zwischen dem 03.10.2025 und 09.10.2025.
Weltraum-Expansion
Die Mission von Verizon Communications reicht von Telefonkabeln bis hin zu Satelliten im Weltraum. T-Mobile US und AT&T zählen zu der Konkurrenz des US-amerikanische Telekommunikationskonzern. Nun heißt es volle Kraft voraus – der Kurs steht auf aggressive und kosmische Expansion. Die Übernahme von Breitbandversorger Starry kündigte Verizon schon im August an. Vergangenen Montag kam dann noch eine Personalie dazu: Man hat den ehemaligen PayPal-Geschäftsführer Dan Schulman als neuen CEO gewonnen. Er hielt bereits Führungspositionen bei der Konkurrenz inne und war auch für den Kreditkartenanbieter American Express in führender Rolle tätig. Investoren scheinen zu glauben, er könnte ein weiteres Ass im Ärmel von Verizon sein. Den Umsatz PayPals schaffte er während seiner Amtszeit zu verdreifachen.
Unter seiner Führung will Verizon nun auch das All erobern. Zusammen mit Telekommunikationsanbieter AST SpaceMobile will man zukünftig ein weltraumgestütztes drahtloses Mobilfunknetz mittels Satelliten aufbauen. Damit steigt Verizon in den Ring mit Unternehmen wie SpaceX (Starlink) oder T-Mobile US und ringt um die ländlichen Gebiete der USA. Die Kosten von Verizon dürften mit dem kommenden Ausbau der Netzwerk-Infrastruktur noch weiter steigen. Auf Schulman wartet also viel Arbeit. In der ºÚ°µ±¬ÁϹٷ½ App wird derweil der Dip gekauft, vielleicht auch, um Dividenden von rund 6 % zu kassieren.
KI-Euphorie trifft auf Warnrufe
Wenn die Märkte zu heiß laufen, sind die Mahner schnell zur Stelle: Warnungen vor einer „KI-Blase“ nehmen zu, besonders nach den spektakulären Deals von AMD und OpenAI, die den KI-Hype weiter anheizen. Die Bank of England warnt mittlerweile eindringlich: Ein Stimmungsumschwung könnte einen starken Einbruch auslösen und das britische Finanzsystem erheblich treffen. Die Konzentration von KI-Investitionen bei nur einigen wenigen Tech-Giganten erinnert an die Dotcom-Blase.
Nach NVIDIA plant nun also auch AMD Milliardeninvestitionen und gigantische Rechenzentrumsprojekte. Der Markt jubelt, bleibt jedoch nervös: Die Bewertung von KI-Unternehmen wächst schneller als die realen Erträge – ein gefährliches Terrain. Timing einer Blase? Kaum möglich. Schon 1996 warnte der ehemalige Fed-Vorsitzende Alan Greenspan vor Übertreibung; die Dotcom-Blase platzte aber erst Jahre später – und wer vorzeitig ausstieg, ließ große Gewinne liegen.
Nicht nur KI sorgt für Nervosität: Politische Risiken schwächen Währungen wie Yen und Euro, der US-Dollar verliert gegenüber Bitcoin deutlich. Infolge des Regierungsshutdowns fehlen wichtige US-Daten für Geldpolitik und Zinsentscheidungen. Die Fed diskutiert laut den „Minutes“ am Mittwoch über weitere Zinssenkungen, das scheint sicher – nur wie viele, ist unklar.
Viele flüchten aktuell in vermeintlich „sichere Häfen“: Und so erreicht Gold erstmals über 4.000 $ je Unze, auch Silber und Bitcoin markieren neue Rekorde. Gold liegt auf fünf Jahressicht mit 107 % im Plus, Bitcoin sagenhafte 1000 % auf den gleichen Zeitraum.
Und wer noch mehr über den goldenen Herbst und den KI-Hype wissen möchte: In der aktuellen Folge unseres neuen Formats „Beyond the Noise“ gibt es einen interessanten Take dazu. Hier geht’s zum Video auf .
„König der Schulden” nannte sich US-Präsident Donald Trump kurz vor den Wahlen im Jahre 2016. Auch heute noch könnte man ihm diese Krone aufsetzen. Um börsennotierte Schulden, also Anleihen, geht es in dieser Folge von Asset Class.
Zusammen mit Ferat Öztürk von der DWS erklärt unser Chief Economist Christian W. Röhl die Funktionsweise von Anleihen und zeigt, wie man an den Schulden von Staaten und Unternehmen verdienen kann.
Hier geht's zum Video auf und zur Podcast-Version auf oder .
Abenomics 2.0: Japans eiserne Lady
Mit Sanae Takaichi dürfte kommende Woche erstmals in der Geschichte eine Frau an die Spitze der japanischen Regierung gewählt werden. Die 64-jährige Wirtschaftswissenschaftlerin war bereits Ministerin im Kabinett des 2022 ermordeten Premierministers Shinzō Abe und steht für eine Neuauflage der „Abenomics“, mit denen die viertgrößte Volkswirtschaft der Welt die langjährige Deflationsspirale überwunden hatte. Im Kern: schuldenfinanzierte Staatsausgaben und Investitionsanreize zur Ankurbelung der Binnenkonjunktur, eingebettet in eine weiterhin lockere Geldpolitik.
Eine Agenda, die Aktionärinnen und Aktionären erstmal gefällt. Seit der Nominierung Takaichis hat der Nikkei 225 rund 7 % zugelegt – wobei der älteste Aktienindex Japans zwar nach wie vor im Zentrum der medialen Berichterstattung steht, aber eigentümlich verzerrt ist. Die Gewichtung der enthaltenen Titel erfolgt nämlich (wie übrigens auch beim altehrwürdigen Dow Jones Industrial Average) nach den absoluten Aktienkursen. Deshalb kommen der Chip-Tester Advantest, der Tech-Investor SoftBank, die Textilkette Fast Retailing („Uniqlo“) und der Halbleiter-Zulieferer Tokyo Electron zusammen auf einen Anteil von fast einem Drittel – während Toyota Motor als weltgrößter Autohersteller und der Unterhaltungsriese Sony in Summe gerade einmal 2,5 % Indexanteil auf sich vereinigen.
Als ETF-Basis eignen sich deshalb klassisch nach Börsenwert gewichtete Indizes wie der MSCI Japan, der in den vergangenen fünf Jahren inklusive reinvestierter Netto-Dividenden rund 120 % zugelegt hat – sogar etwas mehr als der S&P 500 (+110 %). Wäre da nicht die chronisch schwache Währung: Durch die per saldo 30-prozentige Yen-Abwertung ist die Performance aus Euro-Perspektive auf 55 % zusammengeschmolzen.
Abhilfe schaffen können hier währungsgesicherte ETFs, die obendrein einen besonderen Clou bieten: Solange die Zinsen im Yen deutlich niedriger sind als im Euro, erwirtschaftet das Sicherungsgeschäft zusätzliche Erträge. Die „EUR Hedged“-Variante des MSCI Japan liegt deshalb auf Fünf-Jahres-Sicht sogar 135 % im Plus. Zwar gibt man mit der Versicherung des Währungsrisikos auch die Chance auf Wechselkursgewinne auf – aber auch wenn die langfristigen Renditen in Japan zuletzt deutlich gestiegen sind, spricht kurzfristig wenig für eine Trendwende beim Yen.
Japanische Kursblüte
Mit einem Anteil von 10 % ist Advantest das Schwergewicht im Nikkei 225. Das Unternehmen überprüft mit hochpräzisen Maschinen, was die Computerchips aus den High-Tech-Fabriken von TSMC, Samsung und Co. taugen. Dabei gilt die einfache Faustregel: Je komplexer ein Chip ist, desto mehr Testing ist nötig. Moderne Grafikprozessoren, 5G-Mobilfunk-Module und natürlich KI-Chips sind schließlich fehleranfällig und auch teuer. Da lohnt es sich, automatisierte Testsysteme in den eigenen Fertigungsprozess zu integrieren. Der technische Fortschritt sorgt also für zunehmende Nachfrage.
Das spiegelt sich auch in den Zahlen von Advantest wider: Zwischen April und Juni 2025 stieg der Umsatz im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 90 % auf 264 Bio. ¥ (1,5 Mrd. €). Der operative Gewinn wurde sogar fast vervierfacht – auf 120 Bio. ¥ (684 Mio. €). Das Unternehmen hob dementsprechend seine Ziele für das Gesamtjahr kräftig an. Nach dem jüngsten Kurssprung ist die Advantest-Aktie nun auf Fünfjahressicht 850 % im Plus.
In Verbindung mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von 49 dürfte das für viele verdächtig nach Hype riechen. Advantests größter Wettbewerber Teradyne kommt jedoch auf eine ähnlich hohe Bewertung. Betrachtet man hingegen die Gewinnerwartungen für die kommenden zwölf Monate, hat der US-Konkurrent die Nase deutlich vorne: Mit einem erwarteten KGV von 29 scheint Teradyne deutlich schneller in seine Bewertung hineinzuwachsen als Advantest mit 46.
Die Kunst des Kleingedruckten
Der Wert von TikToks US-Geschäft im Vergleich zur Marktkapitalisierung anderer sozialer Netzwerke

Quelle: Sherwood, YCharts, Medienberichte, Marktkapitalisierung Stand September 2025
Wenn es nach Donald Trump geht, ist der TikTok-Deal unter Dach und Fach. Per Dekret machte der US-Präsident Ende September den Weg für den Verkauf der US-Sparte der Kurzvideo-Plattform frei und wartet nun auf eine Zusage von chinesischer Seite. Für insgesamt 14 Mrd. $ soll TikTok USA an ein Konsortium aus Trumps Billionärsfreunden gehen. Dazu zählen das Investmenthaus Silver Lake, eine staatliche Beteiligungsgesellschaft aus Abu Dhabi namens MGX sowie der Tech-Riese Oracle, der vom Trump-Vertrauten Larry Ellison gegründet wurde.
Der Deal scheint spottbillig; Vey-Sern Ling von der Union Bancaire Privee (UBP) nannte es sogar einen „Überfall bei Tageslicht“. Der Markt ging von einem Wert zwischen 40 und 50 Milliarden aus. TikTok hat allein in den USA über 80 Millionen tägliche Nutzerinnen und Nutzer. Zum Vergleich: Das Foren-Netzwerk Reddit kommt in derselben Region gerade einmal auf rund 50 Millionen Userinnen und User und ist mehr als das Dreifache wert.
Wer aber das Kleingedruckte liest, merkt schnell, dass sich die Chinesen keineswegs über den Tisch ziehen lassen werden. Das „vermeintliche Schnäppchen“ ist laut Tech-Analyst Philipp Klöckner nicht der von Trump erhoffte Coup. Der Mutterkonzern ByteDance, der weiterhin 20 % am US-Ableger von TikTok halten soll, würde auch 50 % der Gewinne erhalten. Der Kern des Algorithmus soll ebenso in chinesischer Hand bleiben. Es ist sogar von Lizenzgebühren die Rede, die TikTok USA nach China abführen müsste. Viel gibt es für die Investoren also nicht mehr zu holen. Womöglich zeigten Tech-Größen wie Mark Zuckerberg und Elon Musk deswegen kein Interesse an diesem Deal.
Die Gesetze der Gewinner
Was unterscheidet beim Investieren die Gewinner von den Verlierern? Der ETF-Experte Dr. Gerd Kommer schreibt in seinem Standardwerk „Souverän Investieren mit Indexfonds und ETFs“, dass 95 % der Renditedifferenzen zwischen breit gestreuten Portfolios mit sogenannten Faktorprämien erklärt werden können.
Value, Momentum und Quality sind drei der bekanntesten Faktorprämien. Sie besagen, dass Aktien, die niedrig bewertet (Value) oder zuletzt gut gelaufen sind (Momentum), historisch besser performt haben als der breite Markt. Auch Anteile von Qualitätsunternehmen mit niedriger Verschuldung und profitablen Geschäftsmodellen (Quality) schnitten in der Regel besser ab.
Der Haken an der Sache: Faktorprämien verbessern auf lange Sicht zwar die Rendite, sind kurzfristig aber nicht verlässlich. Das heißt: Es gibt Zeiten, in denen sie gar nicht auftreten und manchmal mindern sie die Performance sogar. Je länger der betrachtete Zeitraum aber ist, desto zuverlässiger lassen sich Faktorprämien abschöpfen. Ein langer Anlagehorizont ist bei Faktor-ETFs also ein Muss.
Die potenziellen Renditeverstärker können Sie sich entweder einzeln oder gleich als Bündel ins Depot legen. Multi-Faktor-ETFs versuchen, mindestens zwei Faktorprämien gleichzeitig abzugreifen. Der aktiv gemanagte Invesco Global Enhanced Equity deckt mit Value, Momentum und Quality sogar drei ab. Der smarte ETF investiert zu laufenden Kosten von 0,24 % pro Jahr in Aktien aus Industrieländern weltweit. Obwohl er erst im Mai 2025 aufgelegt wurde, verwaltet er bereits ein Vermögen von mehr als 200 Mio. €.
Quellen: ºÚ°µ±¬ÁϹٷ½ and dpa-AFX